Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

Dieser Bereich der "alten RRK-Homepage" im Vintage-Look enthält auch Inhalte wie Berichte von 2000 bis 6/2018,
wie "In memoriam", wie "Über RRK-Mitglieder", wie Links, wie Suchen, wie ... usw.

>>> Zur neuen RRK-Homepage <<<                    >>>Datenschutzerklärung<<<                   >>>Impressum<<<

Archiv

Chronik "Der Klub"

Chronik Hockey

Chronik Rudern

Chronik Tennis

Über RRK-Mitglieder

In memoriam

Links

Suchen

Die Presse zu "100 Jahre RRK"

 

 

 

 

 

 

Clubportät: Rüsselsheimer Ruder-Klub

RRK-Damen: Weltweit erfolgreichstes Team

Von Martin Krieger (aus "Deutsche Hockey Zeitung" vom 28. August 2008)
 

Was tun, wenn die Luft- und Wassertemperaturen eine sportliche Bootsfahrt nicht mehr zulassen? In Rüsselsheim kam 1926 eine Gruppe von Ruderern auf die Idee, die kalte Jahreszeit mit (Hallen)-Hockey zu überbrücken.

Dass die neue Sparte dem Rüsselshei­mer Ruder-Klub (RRK) von 1908 in seiner nunmehr 100-jährigen Geschichte einmal zu beispiellosem Ruhm verhelfen würde, diese Möglichkeit dürfte am Untermain seinerzeit niemand ernsthaft in Erwägung gezogen haben. Schließlich stellen de Ruderer um Georg von Opel, ein Enkel des berühmten Firmengründers Adam, bis Anfang der 50er Jahre nationale Spitze dar.

Als der RRK Ende Juli sein 100­jähriges Bestehen mit einem großen Festakt begeht, haben die Hockeyspieler den Ruderern vereinsintern längst den Rang abgelaufen. Nach dem ersten Gewinn einer Landesmeisterschaft 1946 beteiligt sich der RRK in den 50­er Jahren auch an den Punktspielrunden des Hessischen Hockey-Verbandes und muss sich zunächst manch spöttischen Kommentar, "Seid ihr mit dem Boot angereist", speziell von noblen Konkurrenzvereinen gefallen lassen. Ganz ohne Dünkel widmet sich der RRK in Person von Jugendtrainer Fritz Schneider intensiv dem Aufbau einer Nachwuchsabteilung. Diese Arbeit trägt 1964 − drei Jahre zuvor war Fritz Schmidt als erster Rüsselsheimer in die Junioren-Nationalmannschaft berufen worden − mit der süddeutschen Hallenmeisterschaft erste Früchte. Und dann vier Jahre später der erste ganz große Coup: Vor 5.000 Zuschauern wird am heimischen Sommerdamm Schwarz-Weiß Köln im DM-Finale 4:1 besiegt. Dieser Erfolg genügt indes nicht, um in der darauf folgenden Saison einen Startplatz in der taufrischen Bundesliga zu erhalten.

Profil

Abteilungen: Rudern, Hockey, Tennis

Mitglieder: 630 (380 Hockey, davon 207 Kinder und Jugendliche)

Plätze/Hallen: 2 Kunstrasen, finanziert aus Bundes-, Landes- und städtischen Mitteln

Mannschaften: 18 Jugendteams, fünf Erwachsenen-Mannschaften, ein Seniorenteam, ein Elternteam

1. Vorsitzender: Dr. Dietmar Klausen

Leiter der Hockeyabteilung: Martin Müller

Kontakt: Rüsselsheimer   RK, Geschäftsstelle, c/o Claudia Schlicht, Haßlocherstr. 44, 65428 Rüsselsheim

E-Mail: rrk-hockey@rrk-online.de

Internet: www.rrk-online.de

70er Jahre: kein Weg führt am RRK vorbei

Von diesem Affront indes lassen sich die Hessen nicht beirren. Im Gegenteil, in den 70er Jahren führt fast in jeder Saison kein Weg am RRK vorbei. Fritz Schmidt, Rainer Seifert und Torwart-Held Peter Kraus helfen mit, dass Deutschland 1972 bei den Olympischen Spielen in München die Goldmedaille gewinnt. Weitere große internationale Erfolge erringen in den Folgejahren Alfred Segner, Tobias Frank, Christopher Reitz und Björn Emmerling. Im Jahre 2002 sorgt schließlich Oliver Domke mit seinem Tor im Finale der Weltmeisterschaft in Kuala Lumpur gegen Australien dafür, dass die DHB­Auswahl erstmals Weltmeister wurde. Gemeinsam mit seinem Bruder Christian trägt der Ausnahmestürmer 2003 in Leipzig auch zum Gewinn der ersten Hallen-WM bei.

Insgesamt acht deutsche Meistertitel (fünf Feld, drei Halle) erkämpft das legendäre RRK-Herrenteam bis 1979. Dass die Stars irgendwann ergraut abtreten würden und deshalb rechtzeitig neu etwas aufzubauen sei, dies wird am Untermain lange Zeit nicht wirklich realisiert. Resultat: 1984 steigt die Mannschaft in der Halle und 1991, ausgerchnet im Jahr der Fertigstellung des ersten Kunstrasens, dann auch im Freien aus der Eliteliga ab. 2006 folgt die zweite und bislang nicht korrigierte Rückstufung. In der Halle indes sind die Rüsselsheimer nicht nur schon lange Zeit wieder erstklassig, sondern läuten hier das Jubiläumsjahr 2008 im Februar in Hamburg mit dem vierten Hallen-Titel optimal ein.

Rauth erweckt Damen aus Mauerblümchendasein

Den schleichenden Niedergang in den 80er Jahren erlebt ein Spieler mit, der daraufhin beschließt, solche Fehler als Trainer nicht zu machen. Anfangs in den eigenen Reihen zum Teil belächelt, kümmert sich Berti Rauth um den weiblichen Sektor, der bis dato fast ein Mauerblümchendasein im RRK fristet. Eine Maßnahme mit ungeahntem Resultat: Nach einigen blauen Meisterwimpeln durch A-Mädchen und weibliche Jugend rückt das Damenteam 1987 in der Hallen- und Feld-Bundesliga in den Kreis der Besten auf. Drei Jahre später werden die RRK-Damen in Bremen zum ersten Mal deutscher Hallenmeister. Und damit beginnt der Aufstieg zum weltweit erfolgreichsten Damenhockey-Vereinsteam. Zu den neun deutschen Meisterschaften in der Halle und sechs DM-Titeln im Freien räumt der RRK international ab, wie niemals ein Verein zuvor: 15 Siege im Hallen-Europapokal, davon 13 in Serie, sowie drei Triumphe im Feld-Europacup sind unübertroffen. Naheliegend, dass zahlreiche RRK-Akteurinnen das Nationalteam speisten. Britta Becker, Tanja Dickenscheid, Susanne Müller, Denise Klecker, Bianca Heinz, Marja Busch, Eva Hagenbäumer, Mandy Haase, Silke Müller, Jana Schwärzel, Barbara Vogel sowie Lisa und Lena Jacobi sind bei EM und WM sowie bei Olympia erfolgreich. Haase, Klecker und Müller holen 2004 in Athen sensationell Olympia-Gold, Klecker wird 2003 zudem Hallen-Weltmeisterin. Rauths Credo, "Ein Verein wie der RRK muss sich immer wieder aus sich selbst heraus erneuern," fühlen sich nicht zuletzt aufgrund vergleichsweise bescheidener Möglichkeiten, nach dessen Abgang in Richtung Hamburg, auch die Nachfolger am Untermain verpflichtet. Mehr als 200 Jugendliche spielen in gut einem Dutzend Mannschaften mit zum Teil beachtlichem Erfolg. Eine Vielzahl von Hessenmeisterschaften, süddeutschen Titelgewinnen und deutschen Meisterschaften sind das Resultat der guten sportpädagogischen Betreuung und einer systematischen Talentförderung.

Dass diese, bisweilen mühsame Aufbauarbeit mittlerweile schon drei Mal durch die Verleihung des vom Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) und Dresdner Bank ausgelobten "Grünen Bandes für vorbildliche Talentförderung im Verein" (1990, 2000, 2006) gewürdigt wurde, darf den RRK durchaus ein wenig mit Stolz erfüllen. Zumal es dank eigener Talente weiterhin ganz gut gelingt, den auf verschiedene Weise bevorteilten Großstadtvereinen in der Bundesliga Paroli zu bieten.

Bootshaus des Rudervereins Rüsselsheim im Jahr 1930 mit Bootshalle und Bootssteg von der Flörsheimer Mainseite gesehen


Hundert Jahre Rüsselsheimer Ruder-Klub

Gütesiegel mit drei Buchstaben

Vorbei die Zeiten, als Hockeyspieler des RRK noch spöttisch gefragt wurden, ob sie mit dem Boot angereist seien. Inzwischen gilt ihr Klub als eine der besten Adressen im Lande.

Von Hans-Joachim Leyenberg (aus "FAZ" vom 26.07.2008)

Anzeige zum Tag des Rudersports, zur Trainingsverpflichtung der Ruderer und zur Zusammenschlussfeier des Rudervereins Rüsselsheim mit der Rudergesellschaft Undine Rüsselsheim am 26. April 1942 im RVR-Bootshaus

Mit einer Akademischen Feier begeht der Rüsselsheimer Ruder-Klub an diesem Samstag seinen hundertsten Geburtstag. Wollte man arg spitzfindig sein, müsste mit den Feierlichkeiten noch bis in den Frühling 2042 gewartet werden. Denn den Rüsselsheimer Ruder-Klub gibt es unter diesem Namen erst seit dem Zusammenschluss des Rudervereins Rüsselsheim 08 und der Rudergesellschaft Undine Rüsselsheim zum RRK am 25. April 1942. Zur Erinnerung: Es war Krieg, und es war eine Zeit des Mangels. So mancher Pokal aus dem Preisschatz beider Klubs ging als Metallspende für die Front drauf. Von den damals knapp 300 Mitgliedern war nahezu die Hälfte "zur Verteidigung des Vaterlandes" eingesetzt, und nicht alle kehrten heim.

Die drei Buchstaben stehen heute für Leistungs- und Breitensport, für Tradition, für Kontinuität, für nationale und internationale Erfolge im Hockey. Festredner Hans-Wilhelm Gäb dürfte das in seiner Ansprache ebenso betonen wie Stephan Abel, der Präsident des Deutschen Hockey-Bundes. Der Rüsselsheimer Ruder-Klub ist inzwischen so etwas wie die gute, wenn nicht sogar die beste Hockey-Kinderstube der Republik. Hockey im RRK war lange nur eine Beschäftigung für Ruderer, die den Winter überbrücken wollten.

Wer in der Vereinschronik blättert, wird entdecken, das die Rüsselsheimer Ruderer in der Vergangenheit eine ähnliche Rolle einnahmen wie die Hockeyspieler heute: Sie zählten zur deutschen Elite. Heute wünscht sich der 1. Vorsitzende Professor Dietmar Klausen sehnlichst, endlich wieder "einen Achter zusammenzubringen". Die einst dominante Ruder-Abteilung ist längst von der Hockey-Sparte als Nummer 1 im Klub abgelöst worden. In Anlehnung an ein Kirchenlied könnten die heute 630 Mitglieder (davon 400 in der Sparte Hockey) ein Loblied auf ihren Verein mit der Postadresse An der Festung 2 anstimmen: Eine feste Burg ist unser Klub. Allein die Tatsache, dass Klausen ihm samt Führungsmannschaft seit 1982 vorsteht, belegt, in welch ruhigem Fahrwasser der Klub vom Main manövriert. Seit der 75-Jahr-Feier hat es ein Plus von zehn bis 15 Prozent an Mitgliedern vornehmlich im Hockey gegeben. Geblieben ist die Stagnation im Rudern sowie in der Tennisabteilung und die Diskussion, ob der RRK nicht mit der Zeit gehen müsse: Weg vom Ehrenamt, hin zum Dienstleister einer Klientel, die sich als Kundschaft sieht. Als sich am 25. Juli vor hundert Jahren 21 Personen im Gasthaus "Zur Mainlust" versammelten, glich die Runde noch einem exklusiven, elitären Männerbund. Zig deutsche Meisterschaften wurden in der Blütezeit des Ruderns im Bootshaus gefeiert, das ohne Carl von Opel vielleicht nie errichtet worden wäre. Die Autobauer und der RRK sind ein Kapitel, das bis in die Gegenwart reicht. Der Schriftzug "Opel" auf den Trikots der Hockeyspieler ist, verglichen mit der Unterstützung durch den Konzern in früheren Zeiten, schon großzügiger honoriert worden.

Die guten Jahre der Familie von Opel und General Motors waren zugleich gute Jahre für den RRK. "Vereinsführer" Georg von Opel, so der für das Jahr 1942 zeitgenössische Titel des 1. Vorsitzenden, war zugleich der erfolgreichste Ruderer im Klub und sein größter Mäzen. Nur der Traum von der Olympiateilnahme blieb unerfüllt. Wobei vermeintlich leistungssteigernde Mittel schon damals Schlagzeilen machten: "Grüne Pillen, bittere Pillen", hieß es in einer Illustrierten, laut der "die Flörsheimer Olympia-Ruderer" vor den olympischen Ausscheidungskämpfen 1952 vom Olympia-Arzt der Ruderer Testoviron-Tabletten verabreicht bekommen hatten. Statt der favorisierten Hessen (mit Georg von Opel im Boot), die sich wie gelähmt fühlten, siegte der Kölner Achter und qualifizierte sich damit für die Spiele in Helsinki. Als Ruderer, Radfahrer und Rennfahrer war Georg von Opel ein Hans Dampf in allen Gassen.

Die Aktiven des RVR 1925, Ruderer und nun auch Hockeyspieler (hinten: Karl Metz, Albert Meeser, Ludwig Eisele, Paul Diehl, Karl Bersch, Richard Trapp, Fritz Weidmann, Otto Steckermeier, Carl Nebelung, Peter Horle, Albert Meixner, ..., Adam Ihrig, Richard Baer, Wilhelm Horle; davor: Ludwig Traiser, Philipp Kunze, Georg Schmitt, Dr. Theo Brand, Heinrich Klein; vorn: Alfred Körbel, Georg Stieb, Friedrich Traiser)

Damen-Hockeymannschaft des Rudervereins Rüsselsheim 1932 (hinten: Wilhelmine Loos, Elisabeth Schildge, Anni Martin, Aenne Heuß, Margot Herrmann, Mila Fritz, Maria Seibert, Helma Hummel, Lini Fritz; vorn: Pauline Vollmar, Herta Ulrich, Lotte Jurisch, Berta Hartherz)

Längst ist es ruhig geworden vor dem unlängst renovierten Bootshaus in Rüsselsheim. Dafür geht es ein paar hundert Meter weiter, auf den zwei Kunstrasenplätzen der Hockey-Abteilung, umso betriebsamer zu. Als letzter von insgesamt acht deutschen Meistertiteln bei den Herren ist passend zum Jubiläum im Februar der vierte in der Halle hinzugekommen. Die Erfolgsliste der Damen ist ungleich länger: Deutscher Meister auf dem Feld 1992, 1993, 1995, 1997, 2001 und 2004. Deutscher Meister im Hallenhockey 1990, 1991, 1993, 1994, 1998, 2002, 2003, 2004 und 2005. Unerreicht dürfte die Serie im Hallen-Europacup bleiben: Von 1991 bis 2006 wurden die Damen des RRK nur 1993 nicht die Nummer 1 in Europa. Da ist es kein Wunder, dass sie jenen amerikanischen Greyhound-Bus, der seit 1998 als Verpflegungsstation oberhalb des Kunstrasens parkt, mit der Inschrift "Unschlag-BAR" versahen.

Die Erfolge im Hockey sind verbunden mit den Namen von Nationalspielern und Olympiateilnehmern wie Friederike Barth, Wolfgang Beck, Britta Becker, Marja Busch, Tanja Dickenscheid, den Brüdern Oliver und Christian Domke, Björn Emmerling, Tobias Frank, Nina Günther, Mandy Haase, Eva Hagenbäumer, Christian Hense, Lisa Jacobi, Denise Klecker, Peter Kraus, Martin Müller, Silke und Susanne Müller, Christopher Reitz, Fritz Schmidt, Alfred Segner, Rainer Seifert und Bianca Weiß. Zur Tradition des RRK gehört es, stets gute Torhüter hervorgebracht zu haben. Nicolas Jacobi zählt als Mann der Zukunft dazu, doch er hat, wie so mancher und manche vor ihm, mit dem größten Bedauern gerade die Seiten gewechselt. Die verlorenen Söhne und Töchter gehen dorthin, wo es Studien- oder Arbeitsplätze gibt. In Hamburg etwa, in München oder Köln.

Zuschauertribüne der Flörsheimer "Sturm-Regatta" 1950, im Hintergrund das Bootshaus des Flörsheimer RV

Sieg im Seniorachter in Gießen 1963 für den RRK (Dietmar Klausen, Günter Müller, Wolf von zur Mühlen, Klaus Zander, Jochen Zimmermann, Klaus Hartmann, Klaus Köppen, Wilfried Hoffmann, Stm. Karl-Heinz Wagner)

Die Arbeiterstadt Rüsselsheim war in den sechziger und siebziger Jahren, dem goldenen Zeitalter der Hockeyherren des RRK, so etwas wie die proletarische Antwort auf das von Akademikern geprägte elitäre Hockey im Rest der Republik. Mit Peter Kraus stand ein Polsterer im Tor. Die Opel-Kollegen Polo Liebig, Martin Müller und Rainer Seifert erzielten Treffer wie am Fließband, und im Mittelfeld zog Bäckermeister und Kapitän Fritz Schmidt die Fäden. Als Hockey-Abteilungsleiter ist Martin Müller immer noch am Ball. Unaufgeregt registriert und reagiert er auf das Geschehen auf und neben dem Platz. Ein Pragmatiker, der auf die Wettbewerbsfähigkeit des RRK baut, indem er weiter vor allem auf die Jugendarbeit setzt. Ein Reservoir, aus dem der Verein über Jahrzehnte auch dank Trainer Berthold Rauth schöpfen konnte, der mittlerweile an der Alster tätig ist. Er war es, der Britta Becker entdeckte. Mit ihr und ihrer Heirat mit Johannes B. Kerner kam so etwas wie Glamour in diesen Klub. Er schmückte ihn, aber er brauchte ihn nicht. Der Rüsselsheimer Ruder-Klub war ein großer Name im Rudern. Er war und ist immer noch eine der besten Adressen im Hockey.


33 bedeutende Titel

Jubiläum: 100 Jahre Rüsselsheimer RK – Trainer Berti Rauth und das Hockey-Damenteam haben den Verein international bekannt gemacht

Von R. Baumann (aus "Rüsselsheimer Echo" vom 26.07.2008)

100 Jahre alt wird am heutigen Samstag der Rüsselsheimer Ruder-Klub. Wenn der RRK in den vergangenen Jahren überregional für Schlagzeilen sorgte, dann war dafür allerdings nicht die Sparte verantwortlich, die dem Verein den Namen gab, sondern die Hockeyabteilung. Das Männerteam sicherte dem Verein im Februar dieses Jahres die vorläufig letzte bedeutende Meisterschaft, indem es das deutsche Hallenfinale gegen SW Neuss mit 6:3 gewann.

Dennoch waren es in den vergangenen zwei Jahrzehnten weit eher die RRK-Frauen, die auf sich aufmerksam machten. 33 nationale und internationale Titel hamsterte die Mannschaft unter Trainer Berti Rauth, kein deutsches Vereinsteam kann eine ähnliche Bilanz vorweisen. Als Deutschlands Damen 2004 überraschend Olympiasieger wurden – übrigens erstmals–, standen mit Denise Klecker, Silke Müller und Mandy Haase drei Rüsselsheimerinnen in der Anfangsformation. Der 630 Mitglieder starke Klub hatte mit Britta Becker auch den bislang einzigen weiblichen Hockeystar des Landes hervorgebracht. Inzwischen ist die Fünfunddreißigjährige mit TV-Moderator Johannes B. Kerner verheiratet und lebt in Hamburg.

Dort hat sich inzwischen auch Berti Rauth niedergelassen, er ist seit gut einem Jahr Sportlicher Leiter für den Jugendbereich beim Club an der Alster. Auch wenn der Neunundvierzigjährige bei seinem Heimatclub eine große Lücke hinterlassen hat, so machen die aktuellen Erfolge gerade im Jugendbereich Hoffnung, dass der Hockeyboom in Rüsselsheim noch einige Jahre anhält.

In den siebziger Jahren war die Männermannschaft des Ruder-Klubs Deutschlands erfolgreichstes Team. Vier deutsche Feldtitel holten die Mannen um Regisseur Fritz Schmidt und Nationaltorhüter Peter Kraus zwischen 1971 und 1978 an den Main. Bereits 1968 hatten die Rüsselsheimer am heimischen Sommerdamm triumphiert – vor der heute unvorstellbaren Kulisse von 5.000 Zuschauern. Trotz vorzüglicher Hockeyspieler wie den Torhütern Tobias Frank und Christopher Reitz sowie Wirbelwind Oliver Domke, dessen Tor Deutschland vor sechs Jahren erstmals die Weltmeisterschaft brachte, konnten spätere RRK-Mannschaften nicht an die Erfolge der glorreichen Siebziger anknüpfen. Inzwischen ist das Männerteam auf dem Feld nur noch zweitklassig.

Die goldenen Zeiten der Ruderer liegen freilich noch länger zurück. Sie sind verbunden mit Georg von Opel, dem Enkel von Firmengründer Adam Opel, und dessen Trainer Fritz Brumme. Letzterer gilt noch heute als der erfolgreichste Amateurtrainer Deutschlands. Georg von Opel führte er zwischen 1947 und 1951 zu sieben deutschen Meisterschaften.


Aus "Rüsselsheimer Echo" vom 26.07.2008:

Im konstruktiven Miteinander

100 Jahre Rüsselsheimer RK: Der 67 Jahre alte Vorsitzende äußert sich zu Veränderungen im Hockey, im Rudern, im Tennis, im Verein, zum Ehrenamt und zur Zukunft – Heute Jubiläumsfeier

Was einst im Vergnügungsausschuss begann, endete mit der Wahl zum Vorsitzenden: Seit 26 Jahren lenkt Dietmar Klausen bereits die Geschicke des Rüsselsheimer Ruder-Klubs. Der ehemalige Professor für Statik an der FH Karlsruhe war einige Jahre lang aktiver Ruderer beim RRK; er schaffte in dieser Zeit 23 Regattasiege.

Mit dem 67-Jährigen sprach Sara Reith
 

ECHO: Herr Klausen, der RRK feiert an diesem Wochenende sein hundertjähriges Bestehen. Was macht den Verein aus?

Dietmar Klausen: Es sind die außerordentlichen sportlichen Erfolge unseres relativ kleinen Klubs. Diese gründen sich vor allem auf eine intensive und schon mehrfach ausgezeichnete Jugendarbeit. Insbesondere ist die Hockeyabteilung hervorzuheben, in der beispielsweise über 200 Jugendliche in gut einem Dutzend Jugendmannschaften überaus erfolgreich spielen. 50 deutsche Meisterschaften und unzählige süddeutsche und hessische Meisterschaften konnten insbesondere in den letzten 25 Jahren gewonnen werden. Aus der Hockeyabteilung sind Olympiasieger, Welt- und Europameister hervorgegangen.

Auch die Ruderabteilung kann herausragende Erfolge vorweisen, wenngleich die große Zeit des Rüsselsheimer Rudersports schon einige Jahre zurückliegt. Und bei allen diesen sportlichen Erfolgen sind wir ein Klub mit reinen Amateuren geblieben. Unsere Sportler erhalten keine finanziellen Zuwendungen.

Bis auf die beiden Trainer der Bundesliga-Mannschaften, die vertraglich an den RRK gebunden sind, arbeiten die übrigen Trainer und Betreuer, die vielen Helfer und die Mitglieder in den Vorständen ehrenamtlich. Neben dem Spitzen- pflegen wir aber auch den Breitensport.

ECHO: Wie kann ein solcher Erfolg im sportlichen Bereich ehrenamtlich realisiert werden?

Klausen: Man braucht als Vorsitzender natürlich ein hohes Maß an Idealismus und muss gewillt sein, diesen auch in den Klub einzubringen. Und man braucht ein gutes Team, das mit dem gleichen Idealismus einsatzfreudig ist. Auch die Kommunikation untereinander muss stimmen.

Prof. Dr. Dietmar Klausen

Aber wir stehen, wie andere Vereine auch, vor einem grundsätzlichen Problem: Obwohl das Ehrenamt in unserer Gesellschaft einen hohen Stellenwert besitzt, was bei jeder sich bietenden Gelegenheit immer wieder betont wird, verhallen die hehren Worte doch meist ungehört.

Fakt ist, dass für viele, insbesondere jüngere Menschen, die Ausübung eines Ehrenamtes wenig zeitgemäß und dazu noch zu zeitaufwändig ist. Es gibt zu viele Alternativen, wie man, ohne Verantwortung zu übernehmen, seine Freizeit gestalten kann.

ECHO: Sie sind seit 26 Jahren Vorsitzender. Wie lange möchten Sie dieses Amt noch ausüben?

Klausen: Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten. Zunächst sehe ich mich in der Pflicht, das Jubiläumsjahr mit allen Veranstaltungen mit zu gestalten und alle Mitarbeiter nach Kräften zu unterstützen und zu motivieren. Zwar gibt es noch keine konkreten Hinweise auf meinen Nachfolger, aber verschiedene Möglichkeiten habe ich schon eruiert.

Natürlich könnte man einen großen Teil der im administrativen Bereich zu leistenden Arbeit einem zu bezahlenden Geschäftsführer zuweisen. Dies tun andere Vereine schon lange. Das Problem ist nur, dass der RRK die dafür erforderlichen Mittel nicht zur Verfügung stellen kann. Die vor allem durch die Mitgliedsbeiträge eingehenden Gelder kommen weitestgehend dem Sport im RRK zugute. Und daran soll sich auch in Zukunft nichts ändern.

ECHO: Wie wirkt sich die derzeitige Situation auf den Sportbereich aus?

Klausen: Ich sehe vor allem den bezahlten Sport als Problem an. Jede Tätigkeit – eine Leistung ist oft nicht erkennbar – wird sofort vergolten, und immer mehr Sportler orientieren sich an einem möglichen Verdienst. Dabei bleiben die persönlichkeitsbildenden Werte gerade des Mannschaftssports wie Kameradschaft und Teamgeist auf der Strecke.

Leider konzentriert sich zudem das Interesse der Medien und damit auch die Möglichkeit, Sponsoren zu finden, auf die populären und medienwirksamen Sportarten – Hockey und Rudern gehören leider nicht dazu.

ECHO: Wenn Sie zurückblicken: Was haben Sie erreicht?

Klausen: Eine meiner Absichten war es, die Distanz des Klubs zu einigen Gruppen in der Rüsselsheimer Bevölkerung zu überwinden. Historisch bedingt bestehen oder, besser gesagt, bestanden oft Berührungsängste und Vorbehalte. So hieß es, der RRK pflege einen Elitegedanken. Dazu muss man wissen, dass der 1908 gegründete Ruderverein Rüsselsheim keine Arbeiter und Handwerker aufnahm und Rudern sowie Hockey als aristokratische Sportarten pflegte.

Hockey und Rudern, dazu Tennis, stehen sich heute nicht mehr als streitbare Konkurrenten gegenüber, sondern die Sparten gedeihen in einem konstruktiven Miteinander. Wie überhaupt die Harmonie zwischen den Abteilungen und die gegenseitige Achtung der Leistungen zum Erfolg des RRK in den zurückliegenden Jahren beigetragen haben. Auch hierzu habe ich einen nicht unerheblichen Beitrag geleistet.

ECHO: Wie sehen Sie die Zukunft des Rüsselsheimer RK?

Klausen: Auf längere Sicht werden wir immer mit finanziellen Problemen konfrontiert sein – und auch deshalb werden wir wohl ein eher kleiner Verein mit derzeit rund 630 Mitgliedern bleiben. Auch die Struktur des Klubs wird sich nicht groß ändern, denn mein Bestreben war es immer, lediglich die beiden Sportarten Hockey und Rudern anzubieten, dies dafür aber richtig. Die Tennissportler, die den reinen Breitensport pflegen, kommen dazu.

Den Gedanken, eine Golfabteilung im RRK zu installieren, finde ich mittlerweile aber reizvoll. Im Rudersport werden wir in Zukunft wohl eher kleinere Bootsgattungen wie Einer und Zweier besetzen. Rudern ist ein unglaublich trainingsintensiver Sport, die Mannschaft muss eingespielt sein. Diesen Aufwand will kaum einer mehr auf sich nehmen. Deshalb werden wir vermehrt Startgemeinschaften mit anderen Vereinen bilden, um auch in den größeren Gattungen vertreten zu sein. Für den Hockeysport im Ruder-Klub sehe ich eine glänzende Zukunft – vorausgesetzt wir finden Lösungen für die steigenden finanziellen Anforderungen, sprich: Wir können neue Förderer und Gönner gewinnen.

ECHO: An welche sportlichen Erfolge erinnern Sie sich gerne?

Klausen: Natürlich gerne an die eigenen Erfolge in meiner kurzen Wettkampfzeit, auch wenn sie in der ruhmreichen Geschichte des RRK eher eine geringe Bedeutung haben. Ich erinnere mich noch, dass in den Fünfzigern unsere Ruderer die gefeierten Sportler waren. Als beispielsweise 1951 der Männer-Achter der Rudergemeinschaft Flörsheim/Rüsselsheim als Deutscher Meister aus Mainz zurückkehrte, gab es einen großen Empfang auf dem Rüsselsheimer Marktplatz.

Im gleichen Jahr besuchten etwa 35 000 Zuschauer die 1. Internationale Regatta in Flörsheim – eine Zuschauerresonanz, die heute nicht einmal bei olympischen Wettbewerben erreicht wird. Natürlich war auch der Gewinn der ersten deutschen Feldhockey-Meisterschaft der Herren im Jahr 1968 etwas Besonderes.

ECHO: Als Hommage an den Verein haben Sie ein Jubiläumsprojekt gestartet. Zur akademischen Feier heute kommt ein Buch „100 Jahre RRK“ heraus. Mit welchem Anspruch haben Sie diese Aufgabe in Angriff genommen?

Klausen: In den vergleichbaren Schriften zum 50- und 75-jährigen Jubiläum vermisste ich die Einbettung der Klubgeschichte in den jeweiligen gesellschaftlichen Kontext. Das gleiche gilt für die im RRK hauptsächlich betriebenen Sportarten Rudern und Hockey. Aus diesem Grund war es meine Absicht, über Daten, Fakten und Statistiken hinaus zunächst den sozialpolitischen Hintergrund zu eruieren, der zur Vereinsgründung führte.

Weiterhin beobachtete ich die Entwicklung des Klubs in Relation zu den jeweiligen politischen Strömungen in Deutschland. Dies schließt natürlich auch die NS-Zeit ein, die bei den meisten Beschreibungen von Vereinsgeschichten ausgeklammert wird.

Natürlich kommt auch die Beschreibung der letzten 25 Jahre Klubgeschichte nicht zu kurz. Im Gegenteil: Sie bildet zusammen mit umfangreichen Statistiken und über 450 Fotos den umfangreichsten Teil des Buches.